Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8

Scherkondetalbrücke

Das Scherkondetal - Team (Foto: DB AG)

Im Zuge der Neubaustrecke (NBS) Erfurt–Halle/Leipzig quert die Trasse das Scherkondetal nördlich der Gemeinde Krautheim im Landkreis Weimarer Land.

Das Tal ist durch den abfallenden Hang auf der Ostseite und die flach geneigte Talflanke auf der Westseite geprägt. Im Bereich der Scherkondetalbrücke kreuzen zwei Wirtschaftswege und ein Wanderweg die zukünftige ICE-Trasse. Der Grund des Scherkondetals wird durch das Fließgewässer Scherkonde sowie den Speicher Groß brembach eingenommen. Der Speicher weist aufgrund seiner Nutzung als landwirtschaftlicher Wasserspeicher einen stark wechselnden Wasserstand auf. Im Stauwurzelbereich befinden sich große Feuchtflächen, die bei Vollstau von der Wasserfläche eingenommen werden. Das Scherkondetal ist in die flachwellige Ebene des Thüringer Beckens eingeschnitten, welches durch einen vielfältigen Wechsel an Nutzungsarten gekennzeichnet ist. Neben Obstwiesen, Waldflächen, Halbtrockenrasen und Feuchtflächen sind im Hangbereich Äcker vorhanden, die westlich und östlich an große Ackerflächen anschließen.


Die mehrfach preisgekrönte Brücke quert das Scherkondetal und den Wasserspeicher Großbrembach nördlich der Gemeinde Kraut­heim. Die Scherkondetalbrücke ist die erste Brücke an der Neu­baustrecke, die in semi­integraler Bauweise errichtet wurde. Der Überbau entstand mit Hilfe eines Vorschubgerüstes. Die Gründung der Widerlager und Pfeiler erfolgte mit Bohrpfählen von bis zu 19 Metern Länge.

Das für den Bau und die Planung der Brücke verantwortliche Team erhielt den Ingenieurbau­-Preis von Ernst & Sohn 2010 und den Deutschen Brückenbau­-Preis 2012. Deren Jurys beurteilten die erste semi­integrale Brücke im Hochgeschwindigkeitsverkehr der Deutschen Bahn als ein ästhetisch überzeugendes, innovatives Bauwerk und einen Meilenstein des modernen Eisenbahnbrü­ckenbaus. Ästheti

Ansicht Nord mit Speicher Großbrembach (Foto: DB AG)

Zahlen und Fakten

Bauart
semi­integrale Spannbetonbrücke aus einem Durchlaufträger mit schlanken Pfeilerscheiben
Bauwerkslänge
576,50 m
Stützweiten
27,0 m – 2 x 36,50 m –10 x 44,0 m – 36,50 m
Breite
13,95 m
Bauhöhe
2,94 m im Feld und 4,44 m am Pfeiler

Tragwerksbeschreibung der Scherkondetalbrücke

Der Überbau der Scherkondetalbrücke ist ein über die gesamte Bauwerkslänge 14 feldiger Durchlaufträger.

Er ist ein breiter Balken in Spannbetonbauweise mit einer Konstruktionshöhe von hk=2 Meter im Feldbereich. Zur Aufnahme der Stützmomente sind an den Stützen, durch die Konstruktionshöhe über Vouten, auf hk=3,50 Meter vergrößert. Der Überbau ist an das Widerlager West und die Pfeiler angeschlossen. Die Pfeiler sind schlanke Vollwandscheiben mit einer konstanten Stärke von 1,50 Meter. In Querrichtung haben die Pfeiler am Kopf eine Breite von 5,50 Meter und einen durchgehenden Pfeileranzug von 1:40. Die Verformungen des Tragwerkes aufgrund Temperatur, Kriechen und Schwinden kann durch die Nachgiebigkeit der Pfeiler in Längsrichtung aufgenommen werden. Infolge der entstehenden Zwangskräfte im System kann in den Pfeilerachsen Elf und Zwölf sowie an dem Widerlager Ost in Achse 13 kein monolithischer Anschluss der Unterbauten an den Überbau realisiert werden, so dass hier längsbewegliche Karlottenlager eingebaut sind. Zur Aufnahme der Längskräfte wird das Widerlager in Achse 0 als Festpunkt ausgebildet. Am gegenüberliegenden Bauwerksende in Achse 13 befindet sich die Bewegungsfuge, die die Verformungen aufnimmt. Die Gründung der Widerlager und Pfeiler erfolgte im anstehenden Tonstein mit Großbohrpfählen von bis zu 19 Meter Länge.Innovation

Brücken in dieser Größenordnung wurden bislang nicht als integrale Bauwerke ausgebildet. Das gewählte statische System stellt aufgrund seiner semiintegralen Tragwerkdurchbildung eine Neuerung mit großem Innovationspotential hinsichtlich der Anwendung der integralen Bauweise bei der Ausbildung von Talbrücken bei der DB AG dar. Durch die Einsparung von Lagern, Fugen und aufwändigen Besichtigungseinrichtungen wie bei üblichen Spannbetonhohlkästen werden deutlich geringere Kosten im Unterhalt für diesen Bauwerkstyp erwartet.

3D-Simulation (Foto: DB AG)

Bauverfahren

Ab 2005 begann die Umverlegung einer Freileitung der Energieversorgung. Für die 576,50 Meter lange Scherkondetalbrücke ist der Spannbetonüberbau abschnittweise von den Widerlagern ausgeführt worden. Mit dem entsprechenden Vorlauf zum Überbau entstanden Unterbauten, Gründungen, Widerlager und Pfeiler. Der Überbau wurde mit Hilfe eines Vorschubgerüstes errichtet.

Die Baustelle wurde durch eine etwa 2,5 Kilometer lange Baustraße erschlossen. Die Baustraße wird nach Abschluss der Maßnahmen als Bahnseitenweg zurückgebaut. Im Bereich des Speicher Großbrembach ist eine Baustraße in erhöhter Lage, über dem möglichen Höchsteinstau des Speicherbeckens, mit einem Fangedamm angeordnet worden. Diese Baustraße wird zum Ende des Baus vollständig beseitigt. 

Alle Bauarbeiten werden nach einem Planfeststellungsbeschluss durchgeführt, nach dem in einem öffentlich rechtlichen Verfahren vor Baubeginn alle betroffenen Kommunen, Behörden und Bürger einbezogen worden. Aus diesem Grund werden die Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes gemäß den Bestimmungen des Planfestgestellten Landschaftspflegerischen Begleitplanes möglichst frühzeitig durch die Realisierung von Ausgleichs und Ersatzmaßnahmen kompensiert. So entstand seit 2007 als bauvorbereitender Landschaftsbau ein etwa 17 Hektar großes Weißstorchhabitat.


Vorschubgerüst Scherkondetalbrücke (Foto: DB AG)